Der Rhein macht seine eigenen Regeln – und die können mehrmals täglich ändern. Wer den Rhein schwimmt, hat sich darauf einzustellen. Für heute waren erstmals Gezeiten angekündigt: 90 Kilometer vor der Küste drückt die Flut aus dem Meer ins Rheindelta – der Rhein sinkt und steigt mit Ebbe und Flut. Gegen die ansteigende Flut anzuschwimmen ist sinnlos. Zweimal pro Tag bietet sich ein Zeitfenster von maximal sechs Stunden, um bei ablaufender Flut zu schwimmen. Leider liegt meist eines davon in der Nacht.
Für die Querung der Häfen von Rotterdam und die Gezeitenproblematik ist neu Han Huson im Team. Han ist pensionierter Lotse; während 25 Jahren hat er Kapitänen von 50 bis 300 Meter langen Schiffen den richtigen Weg durch schwierige Passagen auf dem Weg in die grossen Häfen gezeigt. Zu seinen Kunden gehörten Frachtschiffe, Passagierdampfer und militärische Schiffe; ja sogar das russische Schulschiff «Mir», ein imposanter Dreimaster, waren darunter.
Han hatte die Rheinkarten, Gezeiten-Tabellen und spezielle Strömungstabellen studiert und errechnet, dass der früheste, vernünftige Startzeitpunkt nicht vor 12:00h sein würde. Dann würde die Flut wieder beginnen, ins Meer abzulaufen. Das Team durfte heute also ausschlafen – aus lauter Gewohnheit waren aber fast alle schon um sechs Uhr wach.
Ernst wusste, dass ein schwieriger Tag bevorstand. In nur sechs Stunden zwischen 12 und 18 Uhr musste er so viele Kilometer wie möglich schaffen und wollte dazu so lange wie möglich im Wasser bleiben. Das Wetter spielte ihm aber übel mit: Schon frühmorgens blies der Südwest- und Westwind mit fünf und mehr Windstärken und sorgte für Wellen wie in einem grossen See. Am Nachmittag kam dann ergiebiger Regen dazu, der gegen Abend so intensiv wurde, dass sich sogar die Sicht verschlechterte. Dennoch schaffte Ernst 21 Kilometer. Auch morgen geht es wieder am Mittag los und Vater Rhein macht auch morgen wieder die Regeln.
140817_Han Huson © Das blaue Wunder - Christian Gartmann-small140817_Schoonhoven © Das blaue Wunder_small
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